Wolfhart Pannenberg und Thomas Pröpper wissen sich neuzeitlichen Denkansprüchen verpflichtet. Beide Theologen halten es für notwendig, die neuzeitliche Anthropologisierung des Gottesgedankens mitzuvollziehen und der Frage nach Gott in der Sphäre des menschlichen Selbstverständnisses nachzugehen. Pannenberg erarbeitet hierfür einen phänomenologischen Aufweis der religiösen Dimension des Menschen, während Pröpper eine transzendentale Analyse der menschlichen Freiheit vornimmt und in ihrer Struktur die Ausrichtung des Menschen auf Gott wahrnimmt.
In dieser Diplomarbeit werden die anthropologischen Entwürfe der beiden Denker in Bezug auf das Wesen des Menschen zwischen seiner Bestimmung zur Gottebenbildlichkeit und seiner Sünde betrachtet. Am Theologumenon der Erbsünde wird die Differenz zwischen den beiden Verständnissen der menschlichen Freiheit sowie des menschlichen Willens besonders deutlich: Pröpper, in der Linie Kants, betont das formal unbedingte Moment der menschlichen Freiheit und sieht Sünde im Letzten klar als Freiheitsgeschehen, weshalb er für die Verabschiedung der Erbsündenkategorie plädiert. Pannenberg hingegen möchte ultimative Freiheit, in der Linie Augustins, als vom Richtigen bestimmte sehen und interpretiert Sünde als Verblendungsgeschehen. Er verortet die Erbsünde in der Natur des Menschen, insofern jener seine Bestimmung erst realisieren muss.
Auch wenn beide Ansätze mit der Unbedingtheit vs. der Bestimmtheit der menschlichen Freiheit nicht zu vernachlässigende Aspekte betonen, die in der christlichen Sünden- und Gnadentheologie in Spannung gehalten werden müssen, lassen sie sich nicht ohne Weiteres zu einem kohärenten Ansatz verfugen. Die Beobachtungen der Arbeit führen zu dem Vorschlag, das Lehrstück der Erbsünde noch nicht zu verabschieden und die theologischen Implikate der kantischen unbedingten Willensfreiheit noch einmal zu hinterfragen.
Die Diplomarbeit ist am Lehrstuhl für Dogmatik und Dogmengeschichte bei Jan-Heiner Tück angefertigt worden.