Leitbild des Fachbereichs Dogmatik und Dogmengeschichte

Dogmatik und Dogmengeschichte als theologische Disziplin

Dogmatische Theologie erschließt die im christlichen Glauben erfasste Sinndynamik göttlicher Offenbarung auf der Grundlage der Heiligen Schrift und der kirchlichen Tradition im Modus vernünftigen Diskurses und mit Hilfe der ihr eigenen pluralen Methodik. Dogmatische Theologie leitet zu einem eigenständigen theologischen Denken und Forschen an, das zeit-, kultur- und gesellschaftssensibel die Frage nach tragfähiger Hoffnung von Mensch, Gesellschaft und Welt formuliert.

Der wissenschaftspraktische Vollzug der Dogmatischen Theologie beinhaltet neben der Lehre, die theologische Erschließung und Reflexion von deren Inhalten in Form von Fundamentaldogmatik, Dogmengeschichte und der klassischen dogmatischen Traktaten.

Näherhin hat Dogmatische Theologie folgende gegenstandskonstituierenden Elemente zu berücksichtigen (gemäß I. Vatikanum / DH 3016):

Für die Erschließung der christlichen Gottesoffenbarung muss jener Zusammenhang zwischen Vernunft und Glaube (ratio fidei illustrata) gesucht werden, in dem die Einsicht in das Gottesmysterium (intelligentia mysteriorum) ermöglicht wird. "Glaubenseinsicht" (intellectus fidei) muss sich dafür aus drei Quellen bestimmen:

  • Entsprechung zu Welterkenntnis, zu Philosophie und den Wissenschaften, den Gesetzen vernünftiger Argumentation den dementsprechenden Wahrheitskriterien;
  • Kohärenz aller theologischen Aussagen (nexus mysteriorum inter se), ihre positionelle und normative Systematik;
  • Zielbestimmung aller Glaubensaussagen im letzten Ziel des Menschen (finis hominis ultimum).

 

Der wissenschaftslogische Zusammenhang dogmatischer Methodik ist durch interdisziplinäre Dynamik gekennzeichnet (gemäß II. Vatikanum / Optatam Totius 16):

  • Bibelwissenschaften: die biblische Erschließung von Ursprung und Tradierung christlicher Offenbarung;
  • Patristische Theologie: die Erschließung der Vätertexte westlicher und östlicher Tradition und deren Beritrag zur systematischen Erschließung der einzelnen Glaubenswahrheiten;
  • Theologiegeschichte und weitere dogmengeschichtliche Entwicklung;
  • Systematische, hermeneutische und spekulative Durchdringung der Glaubenstradition als Einheit und innerer Zusammenhang;
  • Bezug zu Strukturen und Entwicklungen des kirchlichen Lebensvollzugs;
  • Zeit- und Kulturanalyse in ihren gesellschaftlichen, interkulturellen und interreligiösen Dimensionen;
  • Kontextualisierung;
  • Zeitbezogenheit.

 

Dogmatische Theologie stützt sich auf folgende Methodenkomplexe:

  • Synthetisch-normativer Methodenkomplex: Darunter sind alle Methoden zu verstehen, mit denen Dogmatische Theologie eine konstruktive Systematisierung des Glaubensdenkens hinsichtlich der Wahrhheitsfrage vorantreibt. Hier ist Dogmatische Theologie systematische, positionelle, philosophische und normative Theologie. 
  • Analytisch-kritischer Methodenkomplex: Darunter sind alle Methoden zu verstehen, mit denen Dogmatische Theologie ihr Material kritisch im Hinblick auf eine philosophische Reflektierbarkeit befragt, prüft und im Hinblick auf Gesellschafts- und Kulturrelevanz adaptiert. Hier ist Dogmatische Theologie historische, kritische und hermeneutische Theologie.
  • Dialogisch-komparativer Methodenkomplex: In der Auseinandersetzung mit der Weltwirklichkeit, in der das Christusereignis mit universalem Wahrheitsanspruch vermittelt werden soll, muss Dogmatische Theologie in der Kenntnis von und im Gespräch mit den religiösen Traditionen stehen. Hier ist Dogmatische Theologie vergleichend, interreligiös und interkulturell.