Biblischer Monotheismus unter Gewaltverdacht

Die Wiederkehr der Zorn-Semantik als Herausforderung für die christliche Gottesrede

Der biblische Monotheismus steht seit einigen Jahren erneut unter Gewaltverdacht. Zuletzt glaubten die aus dem angloamerikanischen Raum stammenden Verfechter eines neuen Atheismus den Gott der biblischen Überlieferung als „blutrünstiges Ungeheuer" (R. Dawkins) dechiffrieren zu können. Auch wenn sich faktisch keine Glaubensgemeinschaft zu dem Gott bekennt, der hier durch selektiven Umgang mit den biblischen Schriften konstruiert wird, so ist doch unbestritten, dass sich vom Buch Genesis bis in die Apokalypse des Johannes hinein interpretationsbedürftige Aussagen finden, die narrativ den Zorn des eifernden Gottes inszenieren oder poetisch die dunklen Seiten Gottes ins Wort bringen. Während Peter Sloterdijk in seinem Versuch „Zorn und Zeit" unter anderem offensiv an die biblische Zorn und Eifersemantik erinnert und vermeintliche Vergeltungsphantasien im christlichen Affekthaushalt herausgestellt hat, ist dieses anstößige Erbe des biblischen Monotheismus in der systematischen Theologie der Gegenwart bislang weithin marginalisiert und durch einen Diskurs der Liebe ersetzt worden.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Aufgabe, eine kritische Aneignung der anstößigen Rede vom Zorn Gottes zu entwickeln, die problemsensibel auf den eingangs angedeuteten Gewaltverdacht eingeht, zugleich aber die biblischen Aussagen zum Zorn Gottes mit denen zur Liebe systematisch-theologisch zu vermitteln sucht. Dabei sind die Vermittlungsversuche der theologischen Tradition (Laktanz, Origenes, Thomas von Aquin, Martin Luther, Daniel F. E. Schleiermacher etc.) in den aktuellen Religionsdiskurs einzubeziehen, der bislang vor allem von nichttheologischen Akteuren dominiert wird.

Vorarbeiten

  • Monotheismus unter Gewaltverdacht: Themenheft der Internationalen KatholischenZeitschrift Communio 2003
  • Der Atheismus als Purgatorium des Glaubens. Selbstgerechtigkeit und Eiferertum sind aufallen Seiten zu finden, in: Neue Zürcher Zeitung vom 13./14. September 2008 (Nr. 214), S. B 4 (Beilage Literatur und Kunst)
  • Der Zorn Gottes - die andere Seite der Liebe. Dogmatische Anmerkungen zur Wiederkehr eines verdrängten Motivs, in: Theologie und Philosophie 130 (2008), S. 385-409